Mit Einführung der neuen Pflegegrade im Jahr 2017 sollen nicht mehr die körperlichen Defizite und der daraus resultierende Pflegeaufwand (in Minuten) sondern die Selbstständigkeit von Pflegebedürftigen im Mittelpunkt stehen. Diese wird anhand von 6 Kriterien festgestellt.
Bereiche der Kriterien:
Anhand der neuen Kriterien für die Begutachtung der Antragsteller kann man bereits erkennen, dass nun der tatsächliche Bedarf an Hilfe mehr berücksichtigt wird als vorher. Es kann durchaus möglich sein, dass Personen die körperlich noch komplett fit sind genau so viel Hilfe benötigen wie Personen die körperlich nicht mehr alleine zurechtkommen. Gerade Personen die bei CuraVital oder anderen Pflegeeinrichtungen arbeiten können bestätigen, dass psychisch Kranke Senioren oder auch junge Leute oftmals schwerer zu pflegen sind als die körperlich erkrankten.
Entsprechend des Umfangs des Hilfebedarfs werden die Pflegebedürftigen einem von fünf Pflegegraden (1-5) zugeordnet. Je nach Pflegegrad unterscheidet sich auch die Höhe der Leistungen. Bei einem außergewöhnlich hohem Pflegeaufwand kann in dem Pflegegrad 5 auch ein Härtefall vorliegen. Der Versicherte hat die Möglichkeit gegen die Entscheidung seiner Pflegekasse Widerspruch einzulegen.
Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Nach der Definition des Pflegegesetzes sind damit Personen erfasst, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung auf Dauer - voraussichtlich für mindestens sechs Monate - in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Grundsätzlich kann Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes in allen Lebensabschnitten auftreten.
Pflegegrad 1 – geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Der Pflegegrad 1 ist die niedrigste Stufe der Pflegebedürftigkeit und kommt für Menschen in Frage, die die Grundbedingungen für die Pflegestufe 0 bislang nicht erfüllt hatten. Das heißt, dass mit dem neuen Pflegestärkungsgesetz prinzipiell mehr Menschen als Pflegebedürftige gelten und somit die Chance auf eine Unterstützung seitens der Pflegeversicherung haben.
Grundvoraussetzungen für den Pflegegrad 1:
Tägliche Grundpflege: 27 – 60 Minuten
Psychosoziale Unterstützung: bis zu 1-mal pro Tag
Nächtliche Hilfen: Nein
Präsenz tagsüber: Nein
Häusliche Pflege:
ab 1.1.2017: 125 € (mit Demenz*)
Vollstationäre Pflege:
ab 1.1.2017: 125 € (mit Demenz*)
*Gilt für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz - das sind vor allem an Demenz erkrankte Menschen.
Pflegegrad 2 – Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
(Der Pflegegrad 2 entspricht der Pflegestufe 0 und der Pflegestufe 1 ohne eingeschränkte Alltagskompetenz).
Im Unterschied zu den Pflegestufen wird man dem Pflegegrad 2 bereits mit einem geringeren Zeitaufwand an Pflege zugeordnet, was ein Entgegenkommen gegenüber den Pflegebedürftigen ist. Es wird, genau wie bei der Überleitung in alle folgenden Pflegegraden, jedoch noch einmal zwischen Pflegebedürftigkeit mit und ohne eingeschränkter Alltagskompetenz unterschieden. Dies wirkt sich auch auf die Gelder aus.
Grundvoraussetzungen für den Pflegegrad 2:
Pflegegrad 2 ohne eingeschränkte Alltagskompetenz:
Tägliche Grundpflege: 30 – 127 Minuten
Psychosoziale Unterstützung: bis zu 1-mal pro Tag
Nächtliche Hilfen: 0 – 1 mal
Präsenz tagsüber: Nein
Pflegegrad 2 mit eingeschränkte Alltagskompetenz*:
Tägliche Grundpflege: 8 – 58 Minuten
Psychosoziale Unterstützung: 2 bis 12 mal pro Tag
Nächtliche Hilfen: Nein
Präsenz tagsüber: weniger als 6 Std.
Häusliche Pflege:
ab 1.1.2017: 316 €
Pflegesachleistungen der häusl. Pflege:
ab 1.1.2017: 689 €
Vollstationäre Pflege:
ab 1.1.2017: 770 €
*Gilt für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz - das sind vor allem an Demenz erkrankte Menschen.
Pflegegrad 3 – Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Dem Pflegegrad 3 entsprechen die Pflegestufen 1 (mit eingeschränkter Alltagskompetenz, also meistens Demenz) und 2 (ohne eingeschränkte Alltagskompetenz). Die Konsequenz ist, dass Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, die bislang unter die erste Pflegestufe gezählt wurden, nun höhere Leistungen beziehen.
Grundvoraussetzungen für den Pflegegrad 3:
Pflegegrad 3 ohne eingeschränkte Alltagskompetenz:
Tägliche Grundpflege: 131 – 278 Minuten
Psychosoziale Unterstützung: 2 bis 6 mal täglich
Nächtliche Hilfen: 0 – 2 mal
Präsenz tagsüber: weniger als 6 Stunden
Pflegegrad 3 mit eingeschränkter Alltagskompetenz:*:
Tägliche Grundpflege: 8 – 74 Minuten
Psychosoziale Unterstützung: 6 mal täglich bis ständig
Nächtliche Hilfen: 0 – 2 mal
Präsenz tagsüber: 6 – 12 Stunden
Häusliche Pflege:
ab 1.1.2017: 545 €
Pflegesachleistungen der häusl. Pflege:
ab 1.1.2017: 1.298 €
Vollstationäre Pflege:
ab 1.1.2017: 1.262 €
*Gilt für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz - das sind vor allem an Demenz erkrankte Menschen.
Pflegegrad 4 – Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Menschen, die Leistungen der Pflegestufe 2 (mit eingeschränkter Alltagskompetenz) und 3 in Anspruch genommen hatten, werden nun dem Pflegegrad 4 zugeteilt. Wiederum bedeutet dies eine höhere Einstufung von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz.
Grundvoraussetzungen für den Pflegegrad 4:
Pflegegrad 4 ohne eingeschränkte Alltagskompetenz:
Tägliche Grundpflege: 184 – 300 Minuten
Psychosoziale Unterstützung: 2 bis 6 mal täglich
Nächtliche Hilfen: 2 – 3 mal
Präsenz tagsüber: 6 – 12 Stunden
Pflegegrad 4 mit eingeschränkter Alltagskompetenz:
Tägliche Grundpflege: 24 – 279 Minuten
Psychosoziale Unterstützung: 7 mal täglich bis ständig
Nächtliche Hilfen: 1 – 6 mal
Präsenz tagsüber: Rund um die Uhr
Häusliche Pflege:
ab 1.1.2017: 728 €
Pflegesachleistungen der häusl. Pflege:
ab 1.1.2017: 1.612 €
Vollstationäre Pflege:
ab 1.1.2017: 1.775 €
*Gilt für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz - das sind vor allem an Demenz erkrankte Menschen.
Pflegegrad 5 – Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung
Der Pflegegrad 5 ist der höchste Pflegegrad. Diesen Grad erhalten Menschen, die zuvor der Pflegestufe 3 mit eingeschränkter Alltagskompetenz entsprachen beziehungsweise unter die Definition „Härtefall“ fielen. Mit diesem Begriff werden Menschen bezeichnet, die einen außergewöhnlich hohen Pflegeaufwand erfordern. In diesem Grad wird ab 2017 hinsichtlich der Pflegeleistungen kein Unterschied zwischen Menschen mit und ohne eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten gemacht.
Grundvoraussetzungen für den Pflegegrad 5:
Tägliche Grundpflege: 24 – 279 Minuten
Psychosoziale Unterstützung: mind. 12 mal täglich
Nächtliche Hilfen: mind. 3 mal
Präsenz tagsüber: rund um die Uhr
Häusliche Pflege:
ab 1.1.2017: 901 €
Pflegesachleistungen der häusl. Pflege:
ab 1.1.2017: 1.995 €
Vollstationäre Pflege:
ab 1.1.2017: 2.005 €
Was steht mir als pflegendem Angehörigem zu?:
Als pflegender Angehöriger haben Sie Anspruch auf unterschiedliche Leistungen seitens des Staates und der Pflegeversicherung.
Pflegegeld:
Das Pflegegeld wird allen Pflegebedürftigen gezahlt, die ambulant von Angehörigen gepflegt werden. Der Pflegebedürftige darf frei über das Pflegegeld verfügen. Allerdings ist es primär dazu da, dem Angehörigen als finanzielle Anerkennung weitergegeben zu werden. Wie hoch die Zahlung des Pflegegeldes ist, hängt vom jeweiligen Pflegegrad des Pflegebedürftigen ab.
Rentenansprüche:
Sobald Sie einen pflegebedürftigen Angehörigen
mindestens 14 Stunden in der Woche pflegerisch unterstützen, gelten Sie als Pflegeperson gemäß der Definition der Pflegeversicherung. Wenn Sie zudem nicht mehr als 30 Stunden pro Woche erwerbstätig
sind, übernimmt die Pflegeversicherung Ihre Beiträge zur Rentenversicherung.
Ausschlaggebend hierfür ist der Pflegegrad Ihres Angehörigen und die Art der Pflegetätigkeit.
In diesem Fall werden seitens der Pflegekassen
zwischen 144,86€ und 434,59€ pro Monat (alte Bundesländer) bzw. 125,66€ bis 376,99€ (neue Bundesländer) an Rentenversicherungsbeiträgen gezahlt.
Demgemäß erhalten Sie pro Jahr Pflegetätigkeit einen Rentenanspruch von 7,49€ bis 22,46€ (alte Bundesländer) bzw. 6,90€ bis 20,71€ (neue Bundesländer) monatlich.
Die genannten Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2016. Ab dem ersten Januar 2017 soll die Situation von pflegenden Angehörigen jedoch deutlich verbessert werden.
Unfallversicherung und Arbeitslosenversicherung:
Während der Zeit, die Sie Ihren Angehörigen pflegen,
sind Sie gesetzlich unfallversichert, ohne dass Ihnen dadurch Kosten entstehen.
Zudem haben Sie die Möglichkeit, bei der Arbeitslosenversicherung versichert zu bleiben. Voraussetzung hierfür sind die folgenden Punkte:
Pflegegrad beantragen:
Streng genommen beantragt man keinen Pflegegrad,
sondern die Einteilung in einen solchen. Falls bereits eine Einteilung in eine Pflegestufe vorliegt, geht die Neueinteilung zu Beginn 2017 automatisch vonstatten. Sofern ein Mensch jedoch erst
pflegebedürftig wird, müssen Pflegeleistungen persönlich beantragt werden. Dem geht eine Einteilung in einen Pflegegrad durch den MDK voraus. Die Einteilung muss bei der jeweiligen Krankenkasse
beantragt werden. Was beachtet werden muss, ist die Tatsache, dass die Gelder aus der Pflegeversicherung erst im Monat der Antragstellung erbracht werden, was heißt, dass ein solcher Antrag möglichst
frühzeitig gestellt werden sollte.
Der Besuch des MDK ist ausschlaggebend für die Einstufung. Auf Grundlage seines Gutachtens entscheidet die Pflegekasse, welchem Grad Sie angehören. Deshalb ist es ratsam, sich gut darauf
vorzubereiten, zum Beispiel mit einem Pflegetagebuch, in das alle Pflegemaßnahmen und deren zeitlicher Aufwand über mindestens zwei Wochen eingetragen werden.
Falsch eingestuft – Widerspruch einlegen?:
Wer glaubt, nicht in den richtigen Pflegegrad eingestuft worden zu sein, kann Widerspruch gegen die Entscheidung der Pflegekasse einlegen.
Sie haben nach Eingang der Einstufung einen Monat Zeit, Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen. Eine Begründung kann bis zu einem zusätzlichen Monat später erfolgen. Zusammen mit dem Widerspruch sollten Sie um Akteneinsicht in das Gutachten des MDK bitten. Vergleichen Sie die Feststellungen des Gutachtens mit dem Pflegetagebuch, das Sie im besten Fall geführt haben. Schreiben Sie eine ausführliche Begründung mit genauen Angaben.
Nach Sichtung des Widerspruchs entscheidet die Pflegekasse, ob ein neues Gutachten durch den MDK erfolgen soll. In diesem Fall wird Ihnen der MDK ein weiteres Mal einen Besuch abstatten, auf den Sie sich besonders gut vorbereiten sollten.
Stand 01.01.2021